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Leipzig

Foto von Leipzig. © Stephan Floss

Leipzig gehört zu den bedeutenden Kulturstädten Europas. Dafür stehen unter anderem die Musiktradition mit Gewandhausorchester und Thomanerchor, eine lebendige freie Kunst- und Kulturszene sowie eine vielfältige Museumslandschaft. Es sind vor allem die Bürgerschaft und zahlreiche weitsichtige und kulturell engagierte Unternehmen, die diese Vielfalt seit jeher und bis heute ermöglichen.

In Leipzig ist die Musik zu Hause. Das spürt man auf Schritt und Tritt. Im Stadtzentrum streben die jungen Schüler mit ihren Instrumenten in die städtische Musikschule, im Musikviertel hört man durch die offenen Fenster die Studenten der Hochschule für Musik und Theater üben. Zu den regelmäßigen Konzerten in der Hochschule, im Gewandhaus, in den Kirchen und an vielen anderen Orten kommen zahlreiche Musikfestivals.

Die Lebensläufe von Musikern wie Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schumann, Gustav Mahler und Richard Wagner sind eng mit der Geschichte Leipzigs verknüpft: Mehr noch, alle großen Komponisten des 19. und früren 20. Jahrhunderts haben hier studiert oder komponiert, gastiert oder referiert. Kein Wunder: In Leipzig gab es das erste deutsche Konservatorium – gegründet von Mendelssohn-Bartholdy. Gewandhaus und Oper waren wichtige Spielstätten, dazu kamen die Musikverlage, die Pianofabriken. Diese Tradition ist für alle Musiker bis heute eine große Inspiration und das Publikum profitiert von dem reichen Angebot von Konzerten unterschiedlicher Genres.

Seit Mai 2012 werden zahlreiche bedeutende Musikstandorte der Leipziger Innenstadt durch die »Leipziger Notenspur« verbunden.

Foto: Richard and Cosima Wagner.
Richard and Cosima Wagner  © wikipedia.org

Wohl kaum ein Komponist ist so kontrovers wie Richard Wagner: »Erneuerer der Musik«, »unübertrefflicher Gestalter eines Ideals«, aber auch ein »die Welt über alles belehrender Propagandist«, der »personifizierte Egoismus«, so nannten ihn seine Zeitgenossen und auch der Vorwurf des massiven Antisemitismus schwebt immer über dem Musiker. Unbestritten sind Wagners Werke die wichtigsten Beispiele der romantischen Musik und mit seiner Harmonik und der Leitmotivtechnik setzte er Meilensteine für die europäische Musik.

Im Jahre 1813 in Leipzig geboren, verbrachte Richard Wagner seine Jugend in Dresden und Leipzig. 1831 begann er ein Studium der Musik an der Universität Leipzig. Mit verschiedenen Anstellungen lebte er einige Jahre in Würzburg, Königsberg, Riga und Paris. 1842 kehrte er zurück nach Dresden, da hier seine Oper Rienzi uraufgeführt werden sollte und er zum Sächsischen Hofkapellmeister ernannt wurde. Rienzi wurde ein großer Erfolg und brachte dem jungen Komponisten seinen Durchbruch. Doch Richard Wagner war ein unangepasster Geist und ein bequemes Leben am sächsischen Hofe reichte ihm nicht: 1848 schloss er sich der republikanischen Reformbewegung an und biss damit in die königliche Hand, die ihn fütterte. Nach dem gescheiterten Dresdner Maiaufstand 1849 wurde Wagner steckbrieflich gesucht und er flüchtete mit seiner Frau aus Deutschland nach Zürich.

Drama und Musik zur höchsten Kunstform entwickeln, um erzählerisch und emotional eine Botschaft zu vermitteln, das war Wagners Ideal. Diese Kunstform nannte er Festspiel, das an einem Ort der Muße aufgeführt werden sollte. Doch bis er sich diesem Ideal nähern konnte, bedurfte es zweier Könige. Der sächsische König erließ 1862 eine Amnestie, so dass Richard Wagner nach 13 Jahren in Zürich, Venedig, Luzern und Paris wieder nach Deutschland zurückkehren konnte. 1864 empfing König Ludwig II. von Bayern den Komponisten. Mit dessen Hilfe konnte Wagner sein großes Projekt angehen. Er wählte Bayreuth als Festspielort und begann 1872 mit dem Bau des Festspielhauses. 1876 fanden dort mit der Uraufführung des »Ring des Nibelungen« die ersten Festspiele statt, 1882 wurde bei den zweiten Festspielen in Bayreuth »Parsifal« uraufgeführt.

1883 starb der Komponist, der sich mit seinem sächsischen Dialekt seine Heimat bewahrt hatte, in Venedig.

Die älteste musikalische Institution der Stadt Leipzig ist der Thomanerchor, der bereits seit 800 Jahren besteht. Regelmäßig sind die Thomaner während der Gottesdienste sowie mit Motetten und Kantaten in der Thomaskirche zu hören.

Gegenüber dieser traditionsreichen Kirche befindet sich das Bosehaus mit einem barocken Fest- und Konzertsaal, in dem Johann Sebastian Bach – der in Leipzig 27 Jahre als Thomaskantor wirkte – höchstwahrscheinlich selbst musiziert hat. Im Bosehaus ist heute das Bach-Archiv, das Leben und Werk von Johann Sebastian Bach und seiner weit verzweigten Familie erforscht, untergebracht. Außerdem ist dort das Bach-Museum.

Ein Höhepunkt in Leipzig ist jedes Jahr das Bachfest, bei dem renommierte Interpreten und preisgekrönte Nachwuchsmusiker an authentischen Bach-Orten zu erleben sind. Den Ruf Leipzigs als Stadt mit einer kreativen und lebendigen Musikszene prägen auch die Mendelssohn-Festtage, das a-cappella-Festival und die zahlreichen Konzerte mit Jazz, Rock und Pop.

Foto einer Ausstellung mit Bildern der Neuen Leipziger Schule. © Christoph Busse

Die ehemalige Baumwollspinnerei im Westen Leipzigs ist längst für viele Künstler und Galerien zu einer wichtigen Plattform geworden. Vor 100 Jahren tanzten hier hunderte von Garnspulen auf den riesigen Spinnmaschinen. Die zahlreichen Backsteingebäude der ehemals größten Baumwollspinnerei Europas in Leipzig-Plagwitz prägen noch heute das Stadtumfeld. Ruhiger geworden ist es jedoch nicht auf dem weitläufigen Gelände, das Industriegeschichte geschrieben hat. In die verlassenen, zum Abriss bestimmten Gebäude zogen nach der Wende junge Künstler ein, um in Ruhe ihrer Kunst nachgehen zu können. Die Idee des kreativen Miteinanders fand Anklang, immer mehr Künstler und Architekten, Maler und Galeriebesitzer ließen sich hier nieder.

Als Inbegriff der Neuen Leipziger Schule stehen die gegenständlichen Bilder von Malern aus der Sachsen-Metropole bei Liebhabern und Sammlern auf dem internationalen Kunstmarkt hoch im Kurs. Namhafte internationale Künstler wie Neo Rauch, Tilo Baumgärtel wie der Performancekünstler Jim Whiting finden sich hier mit ihren Studios und Ateliers genauso wie junge aufsteigende Talente, Architekturbüros und zahlreiche Galerien.

Die Malerei stützt sich in Leipzig auf eine lange Tradition. Den guten Ruf begründet vor allem die 1764 eröffnete Hochschule für Grafik und Buchkunst, an der auch die so genannte Leipziger Schule mit ihrem Dreigestirn Werner Tübke, Wolfgang Mattheuer und Bernhard Heisig ihre Wurzeln hat. Doch nicht nur Personen, sondern auch Institutionen bestimmen das Kunstleben in der Stadt. »Flaggschiff« ist das Museum der bildenden Künste. Ungewohnte Positionen der aktuellen Kunst stellt die Galerie für Zeitgenössische Kunst vor. Im GRASSI Museum für Angewandte Kunst ist europäisches und außereuropäisches Kunsthandwerk und Design zu sehen. Aber auch das GRASSI Museum für Musikinstrumente und das GRASSI Museum für Völkerkunde laden ein, auf Entdeckungsreise zu gehen. Leipzig ist längst auch Stadt der Kreativwirtschaft, wie die jährliche Messe »Desinger's Open« zeigt.

Foto einer Festivalaufführung. © euro-scene Leipzig

Leipzig ist eine pulsierende, urbane Stadt. Die zahlreichen Festivals prägen diese Vielfalt entscheidend mit. Viele von ihnen haben großes Ansehen in Leipzig und weit darüber hinaus. Die Festivals wirken wie kulturelle Magneten, ziehen alljährlich das Leipziger Publikum an und bringen viele internationale Gäste und Künstler in die Stadt, tragen zur weltoffenen Atmosphäre der Kulturmetropole bei. Dazu gehören zum Beispiel das Wave-Gotik-Treffen, ein Musik- und Kulturfestival, das jedes Jahr zu Pfingsten über die ganze Stadt verteilt stattfindet, die euro-scene, die experimentelles Theater und innovativen Tanz aus ganz Europa zeigt, und DOK Leipzig, das Internationale Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm.

Foto einer Lesung auf der Buchmesse. © Annett Stoy

Alles neu macht der März! Zumindest, was den deutschen Büchermarkt betrifft, setzt die jährlich im März stattfindende Leipziger Buchmesse Zeichen und Trends. Ihre Besonderheit ist der enge Kontakt zwischen Lesern und Autoren. Das während der vier Messetage stattfindende Lesefest »Leipzig liest« ist ein kulturelles Highlight – mit über 2.600 Veranstaltungen und mehr als 2.780 Autoren und Mitwirkenden an rund 350 Veranstaltungsorten.

Auf der Messe werden zahlreiche Preise verliehen, die Orientierung auf dem Büchermarkt bieten. Zu den bekanntesten gehören der Preis der Leipziger Buchmesse, der Leipziger Buchpreis zur europäischen Verständigung und die Goldene Letter der Stiftung Buchkunst. Die Leipziger Städtischen Bibliotheken präsentieren dort jedes Jahr die Favoriten ihrer Jugend-Literatur-Jury.

Gedenkbriefmarke von Louise Otto Peters von 1974. © Wikipedia

Was würde Louise Otto-Peters wohl sagen, wenn sie die heutige Gesellschaft erleben könnte? Während Frauen zu Otto-Peters Zeiten noch rechtelos waren und rigoros auf Haus und Kinder beschränkt wurden, sind die Geschlechter mehr als 150 Jahre später weitgehend gleichberechtigt. Konnte Alice Schwarzer 1977 die »Emma« zumindest ohne juristische Hürden gründen, musste Louise Otto-Peters mit Zensur und Repression kämpfen.

Kampf gegen Windmühlen

1849 rief die Journalistin die erste feministische Zeitschrift, die »Frauen-Zeitung«, ins Leben. Schon ein Jahr später wurde das Blatt der sächsischen Regierung zu unbequem. Die nach der Herausgeberin benannte ›Lex Otto‹ untersagte Frauen journalistisches Arbeiten. Das Berufsverbot umging Otto-Peters, indem die Frauen-Zeitung fortan im thüringischen Gera erschien – bis 1853, da konnte die Redaktion den permanenten Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen nicht mehr standhalten.

Futter für die Frauenbewegung

Zweifellos gehörte Louise Otto-Peters zur Avantgarde der sich seit 1840 entwickelnden deutschen Frauenbewegung. Ihre unzähligen sozialkritischen Veröffentlichungen – Artikel, Gedichte und Romane – brachten ihr den Namen »Lerche des Vorfrühlings« ein. Sie war Mitbegründerin des Leipziger Frauenbildungsvereins und initiierte die erste deutsche Frauenkonferenz, aus der der Allgemeine Deutsche Frauenverein (ADF) hervorging.

Revolution unter Männernamen

Seit damals hat sich einiges geändert und so wäre es heute undenkbar, dass Frauen unter einem Männernamen publizieren müssen. Louise Otto-Peters hatte zu Beginn ihrer Laufbahn in den sauren Apfel gebissen, um ihre Gedanken verbreiten zu können. »Otto Stern« war ihr männliches Pseudonym in einer Zeit, in der es revolutionär war, zu sagen: »Die Teilnahme der Frauen an den Interessen des Staates ist nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht.«

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